Mit zwei Vierern von Verden an der Aller nach Elmshorn
Zehn Männer vom Elmshorner Ruderclub ruderten vom 5. bis zum 12. 7. mit zwei Wandervierern die 240 km zurück nach Elmshorn. Die Etappenziele waren Bremen, Elsfleth, Bremerhaven, Bederkesa, Otterndorf und Glückstadt.
Vom niedersächsischen Verden, Pferdestadt und Kreuzungspunkt alter Handelswege, ging es zunächst auf der Aller zum Zusammenfluss mit der Weser und dann weiter bis Bremen, wo der erste Rudertag nach 46 km am Abend beim Ruderverein Hansa endete. Auf der belebten “Schlachte”, der historischen Uferpromenade an der Weser mit ihren zahlreichen Lokalen, Terrassen und Biergärten, klang der Tag aus.
Am nächsten Morgen waren die Ruderer um 9 Uhr wieder auf dem Wasser. Zunächst wurden die Hafenanlagen Bremens passiert. Dort wo früher die großen Frachter aus Übersee anlegten, beladen und gelöscht wurden und der Stückgut-Umschlag florierte, musste man der Entwicklung der Containerschifffahrt Tribut zollen. Zunehmend standen rund um die Hafenbecken die ersten Speicher und Schuppen leer. Seit den 90er Jahren nahm darum der Plan Gestalt an, die Häfen für städtisches Leben und Gewerbe zurückzugewinnen und ließ in den alten Hafenrevieren rechts der Weser einen neuen Ortsteil entstehen: die “Überseestadt”. Weiter weserabwärts, nach einer Pause beim Ruderclub im Vorort Vegesack, an der Mündung der Lesum, ging es bei guten Wetterbedingungen flott weiter. Bald tauchte steuerbord der gewaltige Betonklotz des “U-Boot-Bunkers Valentin” auf. Dort sollten im 2. Weltkrieg U-Boote montiert werden. Infolge Bombardierungen und des nahenden Kriegsendes wurde der Bunker nicht fertiggestellt. Flussabwärts hinter den herrlichen Stränden des Elsflether Sandes war am frühen Nachmittag das Tagesziel Elsfleth an der Hunte-Mündung erreicht. Der alte Ort an der Unterweser gehörte im 19. Jahrhundert zu den größten Reederei-Plätzen. Segelschulschiffe und Werften prägten das Bild. Der Ort ist seiner maritimen Tradition treu geblieben. Seefahrt und Schiffbau spielen immer noch eine große Rolle.
Nach einem erholsamen Aufenthalt im “Hotel zur Kogge” war das Ziel des dritten Tages Bremerhaven. Zunächst passierten die Ruderer die Flussinsel Harriersand, gegenüber der Hafenstadt Brake. Sie ist mit etwa 11 km Länge bei einer Fläche von rund 6 km² eine der längsten Flussinseln in Europa und, erreichbar mit einer kleinen Fähre, ein beliebtes Ziel. Begünstigt durch gutes Wetter und Wind aus der richtigen Richtung war es kein Problem mit dem letzten ablaufenden Wasser kurz vor der Außenweser die Geestemündung in Bremerhaven zu erreichen. Vor der beeindruckenden Silhouette der Stadt, in Sichtweite der gewaltigen Containerterminals wurde am Weserstrand auf auflaufendes Wasser gewartet, um die 4 km geesteaufwärts zum Bremerhavener Ruderverein zu ruden. Die Freude bei der Ankunft war groß, die kritische Etappe auf der Unterweser war geschafft und es wartete ein wohlverdienter Ruhetag.
Bremerhaven ist eine interessante Stadt und der ruderfreie Tag wurde auf vielfältige Weise genutzt. U. a. wurden das Deutsche Schifffahrtsmuseum und das “Klimahaus” besucht, alles dicht beieinander im maritimen Viertel nahe der Geestemündung. Einige machten auch einen Ausflug zum Fischereihafen, wo man gut und einfach Fisch essen kann. Bis in die 1960er Jahre hinein war der Fischereihafen der größte auf dem europäischen Festland. Damals kamen 90% der deutschen Fischversorgung aus deutschem Fang (heute etwa 15%). Seit den 70er Jahren und mit dem Aufkommen der Fabrikschiffe verlor der Hafen an Bedeutung.
Die 4. und 5. Etappe führte die Elmshorner Ruderer auf dem sogenannten, knapp 60 km langen, Elbe-Weser-Schifffahrtsweg, der heute überwiegend nur noch für die Sportschifffahrt und die Entwässerung des Gebietes Bedeutung hat, im Binnenland zurück an die Elbe. Geesteaufwärts ging es in den Bederkesa-Geeste-Kanal und durch schöne Wiesen- und Moorlandschaft ins Städtchen Bederkesa, wo übernachtet wurde. Am Tag darauf wurde dann der nördliche Kanalteil, der Hadelner Kanal mit Ziel Otterndorf an der Elbe berudert. Nach der Schleusung wurde im Sportboothafen festgemacht. Der heftige Wind an diesem Tag hätte eine Weiterfahrt auf der Elbe unmöglich gemacht.
Die Nacht in der Jugendherberge war kurz. Bereits um 5.30 Uhr war man mit den Vierern Elvkieker und Elveshörn wieder unterwegs, hinaus auf die 15 km breite, offene Elbe. Glücklicherweise bei wenig Wind und auflaufendem Wasser ging es der aufgehenden Sonne entgegen. Das glatte Wasser kam hin und wieder durch die Wellen der vorbeiziehenden Ozeanschiffe in Bewegung, denn wegen der weit hinausgehenden Untiefen wurde unweit des Fahrwassers der Großschifffahrt gerudert. Vorbei an der Ostemündung und dem Reedebereich des Nordostseekanals blieben die Ruderer zunächst auf der niedersächsischen Elbseite, um dann für eine Rast am Strand von Brokdorf die Elbe zu queren. Dort ereignete sich dann die einzige kritische Situation der ganzen Reise.
Verursacht durch einen Containerriesen rollte ein regelrechter Tsunami über den Strand. Keiner der allesamt erfahrenen Unterelberuderer hatte Vergleichbares schon einmal erlebt. Obwohl die Boote weit genug auf den Strand gezogen waren und sich fast alle an den Booten befanden, um sie, wie immer in solchen Situationen, gegen die Wellen des vorbeifahrenden Schiffes zu sichern, bestand keine Chance die schweren Boote zu halten und sie wurden von fast mannshohen Wellen mehr als 20 Meter den Strand hinaufgetragen. Glücklicherweise kam niemand dabei zu Schaden und auch die jetzt im Schilf liegenden Boote blieben unversehrt. Leicht hätte jemand unter die Boote geraten können. Lediglich ein kompletter Satz trockener Kleidung war bei einigen fällig. Der Schiffsriese musste den, oft auch von Familien und Kindern viel frequentierten, ausgewiesenen Badestrand in völlig unangepasster Geschwindigkeit passiert haben.
Nach diesem Schrecken wurde auf der Weiterfahrt die Störmündung passiert und mittags waren die Boote im Hafen von Glückstadt fest. Nach dem Quartiermachen in der schönen Jugendherberge am Rethövel wurde der Nachmittag genutzt um sich zu erholen, und Glückstadt mal aus der Sicht eines touristischen Besuchers zu erleben. Auch am Abend war es beeindruckend zu sehen, wie quirlig das Sommerleben in der Nachbarstadt ist.
Der letzte Rudertag war dann wirklich ein Heimspiel. Bei bedecktem Wetter und Windstille ging es mit der Flut die Elbe hoch und hinein in die vertraute Krückau. Um 12 Uhr erreichten die beiden Vierer das ERC-Gelände, wo der Bau des neuen Bootshauses bereits wieder ein Stück vorangeschritten war.
Nach dem Reinigen der Boote gingen alle erschöpft aber sehr zufrieden und voller Eindrücke ausein-ander. Der Dank der Teilnehmer gilt Joachim Jürgensen, der diese Fahrt wieder in bewährter Weise organisiert und geleitet hat.
Claus Carstens